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Das Dreibein

Ein gelber dreibeiniger Hocker vor einem gelben Hintergrund.

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Entwicklungsingenieur Matthias Steinle überwand seinen Burn-out mit Unterstützung seiner Krankenkasse und des Arbeitgebers. Der Artikel erzählt von seinem Weg zur Genesung, inklusive Reha und einer angepassten Rückkehr in den Job.

19.04.2024

Text: Corina Wießler; Fotos: Adobe Stock/oatintro, Adobe Stock/Krakenimages.com, Adobe Stock/reichdernatur

Der Entwicklungsingenieur und ehemalige Burn-out-Patient Matthias Steinle hat seine eigenen Strukturen entwickelt, um die Krankheit zu überwinden. Dabei unterstützen ihn seine Krankenkasse und sein Arbeitgeber mit mehreren Maßnahmen.

Matthias Steinle vergleicht seinen Burn-out mit einem dreibeinigen Hocker. Ein Bein ist die Arbeit, das zweite das Privatleben und das dritte die Gesundheit. Darauf basiert das Leben, beschreibt es der 58-Jährige. Verliert ein Bein die Stabilität, kommt das Leben ins Wanken. Sein Leben kam vor fünf Jahren ins Wanken. Der als Entwicklungsingenieur arbeitende Maschinenbauer steht ständig unter Strom, schläft immer schlechter und bekommt gesundheitliche Probleme. Die Erschöpfung wird zum Dauerzustand und der Alltag zur Herausforderung, um überhaupt das Notwendigste erledigt zu bekommen. Die ersten Symptome kündigten sich bereits im Jahr 2018 an, 2019 ist es für Steinle unübersehbar, dass es ein Problem gibt.

Gesundheitlich angeschlagen, alleinstehend und dann noch die Arbeitsverdichtung am Arbeitsplatz überfordern Matthias Steinle auf Dauer. Dazu kommen noch die hohen eigenen Ansprüche, die ihn unter Druck setzen und ins Gefühl des „Ausgebranntseins“ münden. „Anfangs habe ich versucht, mich durchzubeißen, wollte es allen recht machen.“ Doch diese Strategie funktioniert nicht, stattdessen schlittert Steinle immer tiefer in Depressionen. „Da ich bereits vor einigen Jahren in einer ähnlichen, nicht so gravierenden Situation war, wusste ich spätestens jetzt: Ich habe ein Problem, das ich ohne Hilfe von außen nicht mehr lösen kann.“

Eine Frau sitz vor ihrem Laptop, den Kopf in den Händen, sie blickt nach unten. Um sie herum stehen Kolleginnen und Kollegen, die ihr verschiedene Dinge wie Klemmbretter mit Unterlagen, einen Wecker oder ein Handy reichen.
Wer ständig unter Strom steht, immer schlechter schläft und gesundheitliche Probleme bekommt, kann unter Burn-out leiden.

Schnelle Hilfe des Arbeitgebers

Matthias Steinle sucht den Werksarzt in Schwieberdingen auf und stößt bei ihm auf offene Ohren. Der Mediziner verweist ihn an Ina Gamper von der Patientenbegleitung der Bosch BKK. Sie gibt ihm in einem ersten Gespräch die Nummer der Terminservicestelle der Kassenärztlichen Vereinigung, die ihm einen freien Ersttermin innerhalb weniger Tage bei einem Psychotherapeuten vermittelt. Nach der Diagnose „Psychische Erschöpfungszustände“ und der Therapieempfehlung, eine stationäre Reha durchzuführen, wendet sich Matthias Steinle wieder an Ina Gamper. Die erfahrene Patientenbegleiterin betont: „Mentale Gesundheit ist ein großes Thema bei uns. Wir versuchen, die Menschen dort abzuholen, wo sie stehen, und zu schauen, was ihnen helfen kann.“

In Steinles Fall ist das der Antrag auf eine stationäre Rehabilitation. Matthias Steinle ist bis dahin krankgeschrieben, aber so langsam fällt ihm zu Hause die Decke auf den Kopf. Der 58-Jährige will zurück zur Arbeit, um auf andere Gedanken zu kommen. Er vereinbart mit Ina Gamper und seinem Vorgesetzten, das zu machen, wozu er sich fähig fühlt. „Hätte es dabei Schwierigkeiten gegeben, hätte er in kürzester Zeit einen Termin bei mir bekommen“, versichert die BKK-Mitarbeiterin. Matthias Steinle ist dankbar für den Rückhalt, den die Krankenkasse ihm dabei bietet.

Volle Aufmerksamkeit für die Gesundheit

Mitte Oktober 2019 beginnt die Reha in einer psychosomatischen Klinik in Aulendorf. Sport, Ernährung, Gruppen- und Einzeltherapiesitzungen stehen auf dem Programm – immer unter medizinischer Betreuung. Die Auszeit, um seiner Gesundheit die volle Aufmerksamkeit zu schenken, tut Matthias Steinle gut. Auf die Fortschritte, die er macht, sowie den Abschluss der Reha folgt die Phase der stufenweisen Wiedereingliederung bei Bosch. Ina Gamper unterstützt ihn auch bei der Suche nach einem ambulanten Psychotherapieplatz, bei dem er regelmäßig Termine wahrnimmt, um auch im Alltag weiterhin Unterstützung zu bekommen.

Ein Mann entspannt in der Sonne.
Eine Auszeit, um der Gesundheit die volle Aufmerksamkeit zu schenken, kann gut tun.

Ab 2020 arbeitet er wieder Vollzeit, jetzt in anderen Themengebieten. Er betreut hauptsächlich Innovationsprojekte, hat weniger direkten Kundenkontakt und Termindruck. Die neue Führungskraft gewährt die notwendigen Freiräume bei der Arbeitsaufgabe. Alles ist gut – bis jetzt. Denn nun schlägt der Wandel in der Automobilbranche zu. Das sorgt für Unruhe, auch bei Matthias Steinle. „Angst um den Job habe ich weniger, eher besorgt mich die Neuorganisation. Welche Aufgaben werde ich übernehmen, welche Führungskräfte bekomme ich?“ Mit 60 plus in den Vorruhestand zu gehen, erscheint ihm daher verlockend. „Ich habe viele Hobbys und interessante Aufgaben. Mir wird bestimmt nicht langweilig.“

Doch die Jahre bis dahin können lang sein. Der ehemalige Burn-out-Patient ist entschlossen, diesen Weg zu meistern. „Ich habe Strukturen entwickelt, um nicht wieder ins Loch zu fallen.“ Regelmäßiger Austausch mit Werksarzt und Patientenbegleitung, Reha-Sport, Joggen, vernünftige Ernährung, Meditation und offen sein für Neues sind seine Bausteine für ein stabiles Dreibein.