Der Weg zu sich selbst: Burnout-Anzeichen erkennen und handeln
Text: Stephanie Arns; Fotos: lassedesignen – stock.adobe.com, vegefox.com – stock.adobe.com, Foto: iStock/AaronAmat, Foto: NDABCREATIVITY – stock.adobe.com
„Es sind nicht die Dinge selbst, die uns beunruhigen, sondern die Vorstellungen und Meinungen von den Dingen.“ – Epiktet, griechischer Philosoph
Chronischer Stress zermürbt und kann auf Dauer zu Burnout führen. Wie können wir Burnout-Anzeichen erkennen, mit Belastungen umgehen und gesund bleiben?
Wer kennt das nicht: Termine drängen, die Zeit ist knapp, der Druck hoch. Alles soll sofort erledigt werden und am besten gleichzeitig. Wir laufen auf Hochtouren und merken gar nicht mehr, wie erschöpft wir eigentlich sind. Dieser Zustand hält oft erstaunlich lange an, doch irgendwann rebellieren Körper und Seele. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft Stress mittlerweile als eine der größten Gesundheitsgefahren ein. Als Folge haben Erkrankungen an Burnout im vergangenen Jahrzehnt stark zugenommen. Einer aktuellen Statistik des Robert Koch-Instituts zufolge leiden in Deutschland 4,2 Prozent der Bevölkerung unter Burnout.
Burnout-Anzeichen erkennen: Warum brennt man aus?
Wer ein Burnout hat, befindet sich in einem tiefgreifenden körperlichen, geistigen und emotionalen Erschöpfungszustand – als Folge meist jahrelanger Überlastung ist man „ausgebrannt“. Die Betroffenen leben in beständiger Anspannung, kommen nicht mehr zur Ruhe und können sich nicht mehr regenerieren. Es kommt zu Schlafstörungen, die Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit sinkt. Die Stimmungslage verschlechtert sich, Gefühle der Resignation und Hoffnungslosigkeit machen sich breit – bis hin zur Depression. Als Ursache vermuten Experten einen gestörten Stoffwechsel im Gehirn: Ein stets überaktives Stresshormonsystem bringt die Nervenbotenstoffe aus dem Gleichgewicht. Mit einer angegriffenen Psyche gehen auch körperliche Symptome einher, etwa Magen-Darm-Probleme, Bluthochdruck, Schmerzen, häufige Infekte oder ein anfälliger Bewegungsapparat.
Der Weg in das Burnout erfolgt oft in mehreren Phasen, die sich über viele Jahre erstrecken können. Ein Teufelskreis: Der anfängliche Enthusiasmus, das energiegeladene „Brennen“ für eine Sache weicht nach und nach sozialem Rückzug, Frustration, Teilnahmslosigkeit und Erschöpfung. Gefühlt muss immer mehr Energie aufgewandt werden, um den Status quo aufrechtzuhalten – ohne dass etwas zurückkommt. Die Situation wird oft als nicht veränderbar und aussichtslos erlebt. Irgendwann geht gar nichts mehr.
Wenn das Leben aus dem Gleichgewicht gerät
Ein Burnout kann jeden treffen, unabhängig von Alter und Beruf. Nicht nur hohe berufliche und familiäre Belastungen können Auslöser sein, vielmehr ist die Erkrankung ein Zusammenspiel psychosozialer Faktoren. Oft beginnt ein Burnout, wenn sich die Lebenssituation ändert – etwa die Geburt eines Kindes, Scheidung, der Verlust des Arbeitsplatzes, Krankheit und Tod von Angehörigen. Gerade auch die Coronapandemie mit ihren weitreichenden Folgen spielt eine nicht unerhebliche Rolle. Das Leben gerät aus dem Gleichgewicht. Burnout-Anzeichen sollten frühzeitig ernst genommen werden. Andernfalls drohen gesundheitliche Einschränkungen, bis hin zur Arbeitsunfähigkeit. Viele Betroffene sind sich ihrer Lage jedoch nicht bewusst oder scheuen sich, einen Arzt aufzusuchen. Dieser kann aber die nötigen Schritte einleiten, etwaige organische Ursachen ausschließen und in schweren Fällen eine Krisenintervention, etwa eine Krankschreibung bzw. einen Klinikaufenthalt, einleiten. Diagnostiziert wird das Burnout-Syndrom im Gespräch und über spezielle Fragebögen. Streng genommen gilt es nicht als eigenes Krankheitsbild, die Übergänge zu einer (Erschöpfungs-) Depression sind fließend. Ein Burnout ist grundsätzlich gut behandelbar, wobei Rückfälle nicht selten sind.
Das Problem an der Wurzel packen
Bei Burnout erweist sich eine Psychotherapie in vielen Fällen als sehr hilfreich. Dabei werden nicht nur die Lebensumstände, sondern vor allem auch die Persönlichkeit der Patienten in den Blick genommen. „Das Burnout-Syndrom erfolgreich zu behandeln, heißt, sich mit den Betroffenen auf die Suche nach sich selbst zu machen. Zu verstehen, worüber sie ausgebrannt sind“, weiß der ärztliche Psychotherapeut Karl-Wilhelm Deiß aus langjähriger Praxiserfahrung. Die wahre Ursache eines Burnouts sei nicht die Überlastung von außen, sondern ihr Umgang damit, erläutert er. „Es gilt, mit sich selbst wieder in den Dialog zu kommen und herauszufinden, wer man ist und was man wirklich braucht.“ Denn der Erschöpfung geht eine Entfremdung voraus: Bedürfnisse wurden ignoriert, Belastungsgrenzen überschritten und somit Raubbau an den eigenen Kräften begangen. Dabei spielt auch der Faktor Zeit eine entscheidende Rolle. „Wer den Dingen zu lange ihren Lauf lässt, ohne etwas zu ändern, übernimmt keine Verantwortung für sich.“
Deiß rät, Entscheidungen im Sinne der Genesung zu treffen und Energie in die Veränderung zu stecken – und sich nicht über Vergangenes oder widrige Umstände zu ärgern. Widerstand und Kampf seien zentrale Aspekte für Erschöpfung. „Gesundheit und innere Stärke entstehen durch die Fähigkeit, aus den Realitäten das Bestmögliche zu machen“, erklärt der Facharzt. Das heißt: notwendige Kompromisse zu schließen, eigene Unzulänglichkeiten zu akzeptieren, sich von Vorstellungen zu verabschieden. Wie gut das gelingt, hat viel mit dem eigenen Persönlichkeitstyp zu tun. Bin ich sehr leistungsorientiert und stecke mir unrealistische Ziele? Will ich allen Erwartungen perfekt genügen? Kann ich Nein sagen? Kann ich mir Schwäche eingestehen? Kann ich Hilfe annehmen? Kann ich auch mal etwas sein lassen?
Stress entsteht im Kopf
Denn wie wir mit den Dingen umgehen, liegt in unserer Hand. Die äußeren Umstände können wir oft nicht ändern, aber unsere Einstellung dazu. „So wie wir uns selbst, unser Gegenüber und die Situation bewerten, entscheidet darüber, ob wir unter Stress geraten oder nicht“, bringt es Deiß auf den Punkt. Das hat wiederum mit unseren kindlichen Prägungen und Beziehungserfahrungen und den daraus entstandenen Glaubenssätzen und Verhaltensmustern zu tun. All dies spiegelt unsere inneren Realitäten wider. „Je negativer und unverarbeiteter diese sind, desto mehr hindern sie, ein erfülltes Leben zu führen und seelisch gesund zu sein.“
Eine Psychotherapie kann helfen, sich selbst auf die Schliche zu kommen und Strategien zu entwickeln, angemessener mit Belastungen umzugehen. Ebenso wie mit den eigenen Energieressourcen – welche regelmäßig wieder aufgefüllt werden sollten. Die viel zitierte Work-Life-Balance ist wichtig: Auszeiten, Ruhe, Entspannung, Familie, Partner, Freunde, Hobbys, Sport, schöne Erlebnisse stärken die Resilienz, die psychische Widerstandskraft. Es gilt, die Lebensbereiche wieder zu entdecken, die man zuvor so lange vernachlässigt hat. „Um eine neue Beziehung mit sich und der Welt einzugehen“, so Deiß. Jede Lebenskrise ist auch eine Chance für einen Neubeginn.
Unsere Leistungen zur Stressprävention und Stressbehandlung
Mit der Kampagne „Zeit für mich“ (Website) zeigt die Bosch BKK Ihnen Wege auf, wie Sie inmitten der alltäglichen Turbulenzen Inseln der Ruhe für sich schaffen können, um die schönen Seiten des Lebens wahrzunehmen und neue Kraft zu tanken.
In der Bosch BKK App können Sie verschiedene Entspannungs-Challenges wie „Nimm dir Zeit für dich“ oder das „Beweg dich Fit“-Video mit Übungen für mehr Entspannung und Fitness absolvieren.
In besonderen Belastungssituationen stehen Ihnen unsere Patientenbegleiter als Ansprechpartner zur Verfügung, sie hören zu und helfen dabei, neue Perspektiven aufzuzeigen.
In unserer Broschüre Vorsicht Burnout! finden Sie weiterführende Informationen, wie ein Burnout erkannt werden kann, welche Ursachen und Folgen es gibt und wie es erfolgreich bekämpft werden kann – inklusive einer Checkliste, mit der Sie Ihr Burnout-Risiko prüfen können.