Welt-AIDS-Tag – Leben mit HIV
Foto: Stocksy Santi Nunez, Adobe Stock huhehoda Text: Stephanie Arns
Seit Beginn der AIDS-Epidemie vor 40 Jahren ist viel passiert. Heute können Menschen, die mit dem HI-Virus infiziert sind, ein weitgehend normales Leben führen.
Im Jahr 1988 rief die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den ersten Welt-AIDS-Tag aus. Seitdem finden jedes Jahr am 1. Dezember verschiedenste Aktionen und Spendengalas statt. 2020 steht der Welt-AIDS-Tag unter dem Motto: „Globale Solidarität, geteilte Verantwortung“. Er appelliert an Politik und Wirtschaft, den Kampf gegen AIDS gemeinsam anzugehen. Denn in vielen Ländern ist die medizinische Versorgung nach wie vor schlecht. Die Coronakrise verschärft diese Situation, gerade in Afrika und Asien, noch weiter.
Prävention ist der beste Schutz vor AIDS
Seit die AIDS-Epidemie Anfang der 1980er Jahre ausbrach, sind weltweit 32,7 Millionen Menschen an den Folgen des „Acquired Immune Deficiency Syndrome“, einer erworbenen Immunschwäche, gestorben. Diese wird vom HI-Virus ausgelöst, das die Helferzellen des Abwehrsystems nach und nach zerstört. Der Körper kann sich vor Krankheitserregern wie Viren, Bakterien, Pilzen immer schlechter schützen. Die Folgen: Lungenentzündungen, Nerven- und Organschädigungen oder Krebs. Übertragen werden kann das HI-Virus durch Körperflüssigkeiten wie Sperma und Blut. Der wichtigste Weg, sich vor einer Infektion zu schützen, ist daher Prävention: Bei wechselnden Geschlechtspartnern sollten Kondome benutzt werden, Drogensüchtige müssen Einwegspritzen verwenden. Blutkonserven sind dank strenger Kontrollen mittlerweile keine Infektionsquelle mehr.
Medikamente können den Ausbruch von AIDS oft lebenslang verzögern
Derzeit sind weltweit rund 38 Millionen Menschen mit dem Virus infiziert, 88.000 davon in Deutschland. Im vergangenen Jahrzehnt wurden enorme medizinische Fortschritte erzielt. Ein Impfstoff konnte bislang nicht entwickelt werden, jedoch sehr effektive Medikamente. Durch die sogenannte antiretrovirale Kombinationstherapie wird die Vermehrung des HI-Virus zum einen unterdrückt. Zum anderen wird verhindert, dass es in Zellen eindringt und dort das Kommando übernimmt. Der Erreger kann auf diese Weise gut in Schach gehalten werden, er ist im Blut faktisch nicht mehr nachweisbar. So kann das nächste Stadium, der eigentliche Ausbruch der Krankheit AIDS, oftmals lebenslang herausgezögert werden. In Deutschland werden rund 93 Prozent der Infizierten medikamentös behandelt und durch Kontrolluntersuchungen regelmäßig vom Arzt überwacht. Bei rechtzeitiger Therapie haben Betroffene eine fast normale Lebenserwartung.
Tests können HIV-Infektionen frühzeitig nachweisen
Viele Infizierte wissen oft jedoch gar nicht, dass sie HIV-positiv sind – daher sind Beratung, Aufklärung und Tests so entscheidend. Wer sich einem Infektionsrisiko ausgesetzt hat, kann mittels einer medikamentösen Post-Expositions-Prophylaxe, kurz PEP, eine HIV-Übertragung noch verhindern. Dabei nimmt der potenziell Infizierte vier Wochen lang HIV-Medikamente ein. Entscheidend über den Erfolg der Behandlung ist der schnellstmögliche Beginn, spätestens binnen 48 Stunden nach dem Infektionsrisiko. Ist die Infektion möglicherweise bereits erfolgt und entwickeln sich zudem grippeähnliche Symptome wie Fieber, Muskelschmerzen und Lymphknotenschwellungen, sollte so schnell wie möglich ein Test Klarheit schaffen. Dabei stehen verschiedene Testverfahren zur Auswahl. PCR-Tests suchen nach dem HIV-Virus im Körper. Sie können die Existenz des Erregers im Körper schon ein bis zwei Wochen nach einer potenziellen Infektion detektieren. Klassische HIV-Labortests suchen hingegen nach Antigenen bzw. Antikörpern gegen HIV im Blut der Patienten. Sie können bereits zwei Wochen nach dem Infektionsrisiko durchgeführt werden. Doch erst nach sechs Wochen kann eine HIV-Infektion eindeutig ausgeschlossen werden. Die Tests werden in der Regel über Arztpraxen durchgeführt.
HIV-Positive leiden häufig unter Vorurteilen und Ausgrenzung
Werden HIV-Infektionen frühzeitig erkannt und therapiert, können Betroffene ein fast normales Leben führen. Denn im Alltag kann das HI-Virus nicht übertragen werden – auch nicht beim Küssen, Husten oder dem gemeinsamen Benutzen der Toilette. Dennoch hat es im Bewusstsein vieler seinen Schrecken noch immer nicht verloren. Aus Unwissenheit und Angst vor einer Ansteckung werden HIV-Positive und an AIDS Erkrankte nicht selten diskriminiert: ihnen wird der Zahnarztbesuch verwehrt, sie dürfen in bestimmte Länder nicht einreisen oder haben Probleme am Arbeitsplatz. Oft wird ihnen nachgesagt, sie seien weniger leistungsfähig oder häufiger krank. Diese Ausgrenzung und Stigmatisierung können zu psychischen Problemen führen. Auch die Frage, ob und wann man sich mit HIV oder AIDS outen sollte, belastet viele schwer.
Doch es gibt auch gute Nachrichten: Eine Studie der Deutschen Aidshilfe von 2020 ergab, dass das Thema HIV gesellschaftlich immer mehr Akzeptanz findet. Das Wissen über die Fortschritte in der Therapie nimmt stetig zu. Immer mehr Menschen sind darüber informiert, dass HIV im normalen Miteinander nicht übertragen werden kann. Die Berührungsängste haben abgenommen, das Umfeld geht mit Infizierten immer unbefangener um. Auch viele Arbeitgeber reagieren auf deren Comingout mittlerweile unterstützend. Zudem haben diverse Gesetzgebungen dazu geführt, dass die Rechte von Infizierten gestärkt wurden. Hilfe finden Betroffene zum Beispiel bei der Deutschen Aidshilfe (Website). Sie berät und begleitet in allen Lebenslagen – von der Diagnose über Themen wie Arbeit, Vorsorge und Versicherungen bis hin zu Kinderwunsch und Familienplanung. Denn AIDS und HIV sind längst keine Tabuthemen mehr.