Zigaretten: Dampfen statt rauchen?
Text: Stephanie Arns; Fotos: Alamy makabaw, MilsiArt, DBurke; AdobeStock morgem
Rauchen ist out, unter Jugendlichen weltweit wird lieber gedampft und geblubbert. Doch wie gesundheitsgefährdend sind elektronische Verdampfer und Wasserpfeifen wirklich? In den USA häufen sich die Krankheits- und Todesfälle nach dem Konsum von E-Zigaretten.
Erdbeersahnekuchen, Zimtschnecke oder doch lieber Bratwurst? Die Geschmacksrichtungen der so genannten Liquids, der nikotinhaltigen Flüssigkeiten, die in einer E-Zigarette verdampft werden sind schier endlos. Eine der Gründe, warum diese auch unter Jugendlichen immer beliebter werden. Die Zahl der „Dampfer“ weltweit stieg nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von sieben Millionen im Jahr 2011 auf 41 Millionen im Jahr 2018. Noch sind es in Deutschland überwiegend Erwachsene, die zuvor schon geraucht haben und auf die E-Zigarette umgestiegen sind – aus „Gesundheitsgründen“, denn die Schadstoffbelastung ist geringer als beim konventionellen Glimmstängel. Bei den elektronischen Verdampfern findet keine Verbrennung statt, über eine Heizspirale wird die nikotinhaltige Flüssigkeit lediglich auf bis zu 350 Grad erhitzt, der Dampf wird über das Ziehen am Mundstück mit Luft vermischt, das Aerosol wird inhaliert. Zwar sei ein regelmäßiger Konsum dieses alternativen Tabakproduktes unter jungen Menschen hierzulande noch selten, schreibt das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) auf der Basis einer Befragung aus dem Jahr 2018, doch eine zunehmende Zahl probierten aus Neugierde E-Zigaretten aus. So wie das in den USA längst der Fall ist. 2018 gaben bei einer nationalen Umfrage 25 Prozent der Teenager an, innerhalb der vergangenen 30 Tage an einer E-Zigarette gezogen zu haben. Das Einstiegsalter der meisten von ihnen lag bei 14 Jahren. Und so ist auch zu erklären, dass die jüngsten Krankheits- und Todesfälle in den USA vor allem Jugendliche traf. Ende November war die Zahl derer, die unter Lungenproblemen litten auf mehr als 2000 gestiegen. 47 Todesfälle sind mittlerweile zu beklagen.
Mysteriöse Lungenerkrankungen
Mediziner gehen davon aus, dass es sich bei dem Lungenleiden um eine allergische Reaktion auf die Inhalation chemischer Substanzen handelt. Das US-Zentrum für Seuchenkontrolle und -prävention (CDC) vermutet nun, die Ursache gefunden zu haben: ein aus Vitamin E gewonnenes Öl, das den Liquids beigesetzt wird. Dank der EU-Tabakproduktrichtlinie sind Verbraucher in Deutschland besser geschützt als in den USA: Die Liquids dürfen keine Vitamine oder andere gesundheitlich bedenkliche Inhaltsstoffe enthalten, auch müssen Hersteller die Rezeptur offenlegen. Bislang sind hierzulande keine vergleichbaren Erkrankungen aufgetreten. Experten warnen die Konsumenten jedoch davor, ihre Tabakprodukte selbst zu mischen. Denn auch in Deutschland häufen sich die Fälle, bei denen Substanzen wie synthetische Cannabinoide beigefügt wurden – und bei Jugendlichen zu Bewusstseinsstörungen, Schwindel, Krämpfen, Herzrasen führten.
Blubbern auf Shisha-Partys
Dabei sind die E-Zigaretten längst nicht der einzige Trend. Die deutsche Rapperszene macht es vor: Shisha, die aus dem arabisch-indischen Raum stammende Wasserpfeife, hat einen hohen Coolness-Faktor. Nicht nur in den Shisha-Bars, auch privat treffen sich immer mehr Jugendliche, um gemeinsam zu blubbern. Laut aktuellem Tabakatlas, herausgegeben vom DKFZ, hat knapp ein Drittel der 12- bis 17-jährigen schon einmal an einer Wasserpfeife gezogen, Tendenz steigend. Und die hat es in sich: Gemäß dem Deutschem Ärzteblatt nimmt man im Schnitt während einer einstündigen Session mehr Nikotin auf, als beim Rauchen von 10 Zigaretten. Und auch die Schadstoffbelastung ist hoch. In einer Wasserpfeife verschwelen glühende Holzkohlen den Shishatabak, der Rauch durchquert, eingeschlossen in Luftblasen, ein mit Wasser gefülltes Gefäß und wird über einen Schlauch inhaliert – er wird durch das Wasser lediglich gekühlt und nicht verdünnt oder gereinigt, wie gerne angenommen wird. Laut Studien enthält er einen Chemiecocktail aus mindestens 82 schädlichen bzw. krebserregenden Substanzen. Die Folgen: Atemwegserkrankungen wie chronische Bronchitis, ein stark erhöhtes Risiko für Lungenkrebs und Herz-Kreislauferkrankungen. Und noch eine Gefahr lauert: Wird die Wasserpfeife in geschlossenen Räumen gepafft, kann es durch die Holzkohleverbrennung zu lebensgefährlichen Kohlenmonoxidvergiftungen kommen.
Die neuen Einstiegsdrogen?
Allein die Suchtgefahr von Nikotin ist, gerade für Jugendliche, nicht zu unterschätzen – selbst bei nur gelegentlichem Konsum. Nikotin erreicht innerhalb weniger Sekunden das Gehirn und steigert dort unter anderem die Produktion des Glückshormons Dopamin – was sehr schnell abhängig macht. Eine Studie kommt laut Deutschem Ärzteblatt zu dem Schluss, dass Shisha-Raucher die Zigarettenraucher von morgen sein könnten. Dies könnte auch für die elektronischen Verdampfer gelten, die in ihren Langzeitfolgen noch gar nicht untersucht sind. Wie sich etwa das in den Liquids enthaltene Propylenglycol sowie die zahlreichen Aromavarianten auswirken, ist noch nicht hinreichend untersucht worden. Gerade die exotischen Geschmacksrichtungen haben, analog zu den harmlos schmeckenden, alkoholhaltigen Alkopops, das Potential einer nikotinsüchtig machenden Einstiegsdroge. Und der Griff zur Zigarette hat fatale Folgen: Laut WHO sterben jährlich mehr als acht Millionen Menschen weltweit durch das Rauchen – mehr als dreizehnmal so viele wie durch alle illegalen Drogen zusammen.